Plenarbrief zur Juni-Plenarsitzung
Liebe Genossinnen und Genossen,
heute treffen wir uns erneut zu einer Plenarsitzung. Das Wichtigste zuerst: Wir haben es geschafft,
einen Kompromiss für die Festschreibung der dritten Fachkraft in der Kindertagesstätte
auszuhandeln.
Da mussten wir sprichwörtlich dicke Bretter bohren, denn es gab nicht zuletzt
aufgrund der Corona-Pandemie – der größten Krise in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg –
große finanzielle und ausbildungspolitische Hürden zu überwinden. Ich glaube, ich spreche für die
gesamte SPD-Fraktion, wenn ich sage: Wir sind stolz und sehr froh, dass es gelungen ist. Nach der
Aussetzung der Elterngebühren, der Schaffung von mehr Kita-Plätzen als jede andere
Landesregierung zuvor und der Verstetigung der QuiK-Mittel können wir das frühkindliche
Bildungspaket dieser Legislaturperiode abrunden. Unser bildungspolitischer Sprecher Stefan
Politze wird in unserer Aktuellen Stunde „Unser Dreiklang für eine starke frühkindliche Bildung
- Qualität, Gebührenfreiheit und ein Platz für jedes Kind!“ noch genauer darauf eingehen.
Wir bemerken so langsam eine Änderung bei uns im Niedersächsischen Landtag. Natürlich steht
Corona immer noch im Vordergrund und die Pandemie ist alles andere als besiegt. Wir müssen
weiterhin solidarisch, vorsichtig und achtsam sein sowie Aufeinander aufpassen. Jedoch spielen
auch wieder andere Themen eine größere Rolle in der Öffentlichkeit, da insbesondere
Niedersachsen im Vergleich mit so manchem anderen Bundesland sehr gut durch die dritte Welle
gekommen ist und wir nun den Zeitpunkt gesehen haben, weitgehende Öffnungen zu tätigen. Diese
Entscheidung ist richtig, denn ohne hohe Inzidenzzahlen gibt es keine Grundlage dafür, das
öffentliche Leben herunterzufahren. Die Impfkampagne geht sehr gut voran: In Niedersachsen sind
überdurchschnittlich viele Menschen schon erstgeimpft und die Zweitimpfungen nehmen Fahrt auf.
Gleichzeitig möchte ich aber alle herzlich darum bitten, weiterhin die Hygienemaßnahmen zu
beachten. Sie schützen besonders diejenigen, die noch nicht geimpft oder genesen sind.
Zu unseren Gesetzen und Anträgen:
TOP 7 – Rehabilitationsmaßnahmen für Long-COVID-Patientinnen und –Patienten
(Erstberatung)
Das Coronavirus stellt vor allem für ältere Menschen und Personen mit bestimmten
Vorerkrankungen eine Gefahr dar. Infizierte, die einer dieser Risikogruppen angehören, könnten mit
SPD-Landtagsfraktion Niedersachsen
09. Juni 20212
einer vergleichsweise hohen Wahrscheinlichkeit einen schweren Krankheitsverlauf erleiden, der im
schlimmsten Fall tödlich enden kann. Doch auch, wenn eine Infektion offiziell als überstanden gilt,
sind viele Menschen noch immer nicht vollständig genesen. Zahlreiche Personen leiden auch
Monate nach der Infektion noch stark unter den Langzeitfolgen von COVID-19. Dabei sind nicht nur
diejenigen Menschen betroffen, bei denen eine Corona-Infektion besonders schwer verlaufen ist.
Auch Personen mit milder Symptomatik, bei denen keine Vorerkrankungen oder sonstige
ersichtliche Risikofaktoren vorliegen, können nach einer Infektion vom Long-COVID-Syndrom
betroffen sein. Wir als SPD wollen die Schaffung und adäquate Ausstattung interdisziplinärer
Angebote - sowohl stationär, als auch ambulant und wohnortnah - zur Diagnostik sowie für
Rehabilitationsangebote durch multiprofessionelle Teams von Long-COVID-Erkrankten, um
während einer Reha-Maßnahme die Behandlung aller Symptome sicherstellen zu können.
TOP 18 – Wirtschaftsauskunfteien zu mehr Transparenz verpflichten (abschließende
Beratung)
Privatwirtschaftliche Auskunfteien sollen dazu verpflichtet werden, den Score-Wert auf Beantragung
der Verbraucherinnen und Verbraucher umgehend neu zu berechnen. Ferner müssen
Verbraucherinnen und Verbraucher nachvollziehen können, welche wesentliche Merkmale zu der
Bewertung geführt haben. Sind alle Schulden bezahlt und haben sich die Lebensumstände
geändert, muss dies in die Bewertung einfließen. Zusätzlich muss die Verwendung
personenbezogener Datenkategorien untersagt werden. Es darf keinen Einfluss von
diskriminierenden gender-, ethno- und geospezifischen Faktoren bei der Berechnung des ScoreWertes geben.
TOP 19 – Tierversuchsfreie Methoden fördern, Kontrollen von Tierhaltungen verbessern
(abschließende Beratung)
Im Oktober 2019 wurden schwere Tierschutzverstöße in einem Versuchslabor der Laboratory of
Pharmacology and Toxicology GmbH & Co. KG (LPT) in Mienenbüttel aufgedeckt, die eine
emotionale öffentliche Debatte über Tierversuche ausgelöst und zu einem zwischenzeitlichen
Entzug der Betriebserlaubnis für den Standort geführt haben. Der Fall LPT in Mienenbüttel hat
gezeigt, dass die Kontrolle von bestehenden Tierhaltungen für Tierversuche deutlich verstärkt und
verbessert werden muss. Tierschutzverstöße müssen wirksam unterbunden werden und dürfen
sich, wie im Falle der LPT Mienenbüttel, nicht wiederholen. Wir wollen daher die Kontrollfrequenz
von Tierversuchseinrichtungen erhöhen.
TOP 20 - Regionale Fleischvermarktung und stressfreie Schlachtung stärken - dezentrale und
mobile Schlachtung ermöglichen (abschließende Beratung)
Verbraucherinnen und Verbraucher zeigen ein immer stärkeres Interesse an den Haltungs- und
Schlachtmethoden der Nutztiere. Bedingt durch zahlreiche tierschutz- und arbeitsrechtliche
Verstöße in der jüngsten Vergangenheit schwindet die gesellschaftliche Akzeptanz für das zentrale
System „Schlachthof“. Stressfreie, dezentrale und (teil-) mobile Schlachtung sowie die regionale
Fleischvermarktung geraten zunehmend in den Fokus von Fleischerzeugerinnen und -erzeugern
und -Verbraucherinnen und -Verbrauchern und werden als echte Alternative angesehen. Wir wollen
sie daher stärker fördern.
TOP 24 - G e s e t z zur Änderung des Niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetzes
(abschließende Beratung)
Die Einrichtungen der Erwachsenenbildung erhalten durch das Land eine jährliche Finanzhilfe. Um
pandemiebedingte Auswirkungen auszugleichen und eine ordnungsgemäße Berechnung der
Finanzhilfe in den Folgejahren zu gewährleisten, ist eine Anpassung des Niedersächsischen
Erwachsenenbildungsgesetzes erforderlich. Mit unserem Gesetzentwurf passen wir die
erforderlichen Regelungen an.3
TOP 30 - Behandlungsqualität für Patientinnen und Patienten entscheidend verbessern -
sektoren-übergreifende Versorgung weiterentwickeln, Regionale Gesundheitszentren
einführen (Erstberatung)
Die durch den Landtag eingesetzte Enquetekommission zur Sicherstellung der ambulanten und
stationären medizinischen Versorgung bestätigt den Stellenwert der sektorenübergreifenden
Versorgung in ihrem Abschlussbericht. Für eine flächendeckende Sicherstellung und eine weitere
Optimierung der Versorgungsqualität bei zunehmenden Herausforderungen ist es aus Sicht der
Kommission unerlässlich, vorhandene Ressourcen durch die Überwindung sektoraler Grenzen
effizienter zu nutzen. Dieses erfordert umfassende Maßnahmen sowohl auf Bundes- als auch auf
Landesebene, die wir einbringen wollen.
TOP 31 – Qualitativ hochwertige und wohnortnahe Krankenhausversorgung auch in Zukunft
sicherstellen - niedersächsische Krankenhauslandschaft weiterentwickeln (Erstberatung)
Die fachliche und öffentliche Debatte zur Zukunft der medizinischen Versorgung fokussiert sich seit
Jahren stark auf die Frage eines erforderlichen Strukturwandels. Der Landtag hat auch vor diesem
Hintergrund im Januar 2019 eine Enquetekommission mit dem Auftrag eingesetzt, Lösungsansätze
zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung in Niedersachsen zu erarbeiten. Im Februar 2021
hat die Kommission mit ihrem Abschlussbericht einstimmig konkrete Handlungsempfehlungen
formuliert. Der Landtag, die Landesregierung und alle an der medizinischen Versorgung beteiligten
Akteurinnen und Akteure sind nun gefordert, die unterbreiteten Handlungsempfehlungen in ihren
Entscheidungen zu berücksichtigen und umzusetzen, um eine zukunftsfähige, qualitativ
hochwertige und patientenorientierte Versorgung für Niedersachsen erfolgreich sicherzustellen.
TOP 36 – G e s e t z zur Änderung des Gesetzes über den Nationalpark „Niedersächsisches
Wattenmeer (abschließende Beratung)
Anlass für den Gesetzesvorschlag ist die beabsichtigte Erweiterung einer sogenannten
Entwicklungszone für das UNESCO-Biosphärenreservat „Niedersächsisches Wattenmeer“ nach
den Maßstäben der UNESCO. Dieses soll sich künftig auch auf Bereiche außerhalb des
Nationalparks „Niedersächsisches Wattenmeer“ erstrecken. Das Niedersächsische Wattenmeer ist
ein im Rahmen des UNESCO-Programms „Man and the Biosphere“ (MAB) anerkanntes UNESCOBiosphärenreservat. Damit ist es eines von 17 Biosphärenreservaten in Deutschland und 686
weltweit.
TOP 37 – Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Glücksspielgesetzes (abschließende
Beratung)
Nachdem Niedersachsen nach Ablauf der Übergangsfrist die Mindestabstandsregelungen und das
Verbundverbot zeitnah und konsequent umgesetzt hatte, lebte hiergegen erheblicher Widerstand
auf. Gegen diese Vollzugspraxis wurde der Vorwurf erhoben, dass Niedersachsen restriktiver als
die Mehrzahl aller Bundesländer verfahre. Infolgedessen kam es auch vor dem Hintergrund
drohender Arbeitsplatzverluste zu einer politischen Neubeurteilung.
TOP 40 – Luftfahrtstandort Niedersachsen stärken, Impulse für innovative und nachhaltige
Mobilität setzen (abschließende Beratung)
Die Luft- und Raumfahrtbranche zählt zu den wichtigsten Innovationsbranchen in unserem Land.
Mit dem Flughafen Hannover-Langenhagen, dem Forschungsflughafen Braunschweig, dem CFKValley Stade, den Technologiezentren und den Fertigungsstandorten der Premium AEROTEC in
Varel und in Nordenham weist Niedersachsen in mehreren Landesteilen eine breite Kompetenz in
der Luft- und Raumfahrt auf. Mehr als 30 000 Arbeitsplätze in 260 meist mittelständischen
Unternehmen beweisen die Bedeutung dieser Branche für den Wirtschaftsstandort Niedersachsen.
Niedersachsen ist drittgrößter Luftfahrtstandort in Deutschland. Gemeinsam mit Hamburg und
Bremen ist Niedersachsen das weltweit drittgrößte zivile Luftfahrtcluster (nach Seattle und
Toulouse). Die im Rahmen der Exzellenzstrategie des Bundes prämierte Forschung der TU
Braunschweig zur emissionsarmen Luftfahrt ist in der Lage, die Ressourcen- und Energieeffizienz4
der Luftfahrt zu verbessern. Wir wollen deshalb die Landesinitiative „Niedersachsen Aviation“ zum
Ende der aktuell laufenden Beauftragung evaluieren und bei positivem Votum eine fortgesetzte
Förderung sicherstellen bzw. eine Nachfolgeinitiative konzipieren.
TOP 43 – Einsatz künstlicher Intelligenz zur Suizidprävention und Verbesserung der
Sicherheit in niedersächsischen Justizvollzugsanstalten
Der Einsatz modernster Kameratechnik unter Einbeziehung der Möglichkeiten der künstlichen
Intelligenz kann die anspruchsvolle und verantwortungsvolle Arbeit des Justizvollzugspersonals bei
der Suizidprävention und zur Gewährleistung der Sicherheit in den Justizvollzugsanstalten
wesentlich unterstützen und damit erleichtern. Hinzu kommt aus Sicht des Datenschutzes, dass
intelligente Überwachungssysteme zur frühzeitigen Erkennung von Gefahrenlagen weniger stark in
das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen als herkömmliche
Überwachungsanlagen. In der Regel werden erheblich weniger oder gar keine personenbezogenen
Daten auf Dauer gespeichert. Wir wollen, dass unverzüglich ein Ausschreibungsverfahren für ein
Forschungsprojekt mit geeigneten Anbietern vorbereitet wird, sodass unmittelbar nach Inkrafttreten
der gesetzlichen Änderungen die innovative Technik in geeigneten Justizvollzugsanstalten erprobt
werden kann.
TOP 48 – Einbahnstraße Corona? - Interessen von Kindern und Jugendlichen in und nach
der Pandemie stärker berücksichtigen (Erstberatung)
Seit einem Jahr hat die weltweite Corona-Pandemie massive Auswirkungen auf unser tägliches
Leben. Verordnungen regeln die Bedingungen unseres Zusammenlebens. Je nach Inzidenzwerten
können wir mehr oder weniger unser Leben selbstbestimmt gestalten. Anders als bei Erwachsenen
ist für Kinder und Jugendliche jedes Lebensjahr mit Entwicklungsschritten verbunden, die
bedeutsam für ihren Weg zum Erwachsenwerden sind. Welche Auswirkungen das Leben in der
Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen auf die Psyche der Kinder und
Jugendlichen hat, machen erste Studien deutlich, die Ergebnisse aus Befragungen in der Phase
des Lockdowns im Frühjahr 2020 und im Herbst 2020 auswerten. Zusammengefasst ist schon jetzt
festzustellen, dass sich Kinder und Jugendliche in der Pandemie und den damit verbundenen
Einschränkungen „ohnmächtig ausgeliefert“ fühlen und sie sich wünschen, „eine Stimme zu haben
und gehört zu werden. Wir bitten die Landesregierung um ein umfassendes Maßnahmenpaket
hierzu.
TOP 49 – Reaktivierung von Bahnstrecken und Bahnstationen in Niedersachsen zielgerichtet
fortsetzen - Voraussetzungen für die GVFG-Förderung des Bundes vereinfachen und
Standardisiertes Bewertungsverfahren zügig überarbeiten (Erstberatung)
Der schienengebundene Nahverkehr ist in einem Flächenland wie Niedersachsen unverzichtbar,
um für die Menschen in den Regionen die notwendige Mobilität komfortabel und in guter Qualität zu
gewährleisten. Ziel muss es sein, das Angebot im Schienenpersonennahverkehr (SPNV)
kontinuierlich weiterzuentwickeln, auf den jeweiligen Bedarf anzupassen und zu optimieren. Dazu
gehört auch, die Reaktivierung von Bahnstrecken und Bahnstationen für den SPNV in allen Teilen
des Landes weiter voranzutreiben und wichtige Räume ohne Schienenanbindung wieder an das
SPNV-Netz anzubinden. Das vom Bund im Jahr 2020 novellierte und finanziell erheblich
aufgestockte Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) bietet die Möglichkeit, eine finanzielle
Beteiligung des Bundes von bis zu 90 % für Investitionen in die Reaktivierung von Bahnstrecken zu
erhalten.
TOP 52 – Voraussetzungen für eine nachhaltige Grundwasserbewirtschaftung schaffen –
Auswirkungen des Klimawandels auf die Grundwasserressourcen sichtbar machen
(Erstberatung)
Der Grundwasserstand ist ein wichtiger Indikator für Klimaveränderungen und eine wichtige
Orientierungsgröße, die bei der Bewirtschaftung der zur Verfügung stehenden
Grundwasserressourcen berücksichtigt werden muss. Zu diesem Zweck ist es unerlässlich, auf eine5
möglichst aktuelle und repräsentative Datenbasis zurückgreifen zu können, auf deren Grundlage
kurz- und langfristige Entwicklungen abgeleitet und transparente Entscheidungen getroffen werden
können. Wir wollen, dass das Land ein landesweites Klimamessnetz zum Grundwasserstand
entwickelt, anhand dessen klimatische Veränderungen bis in die Vergangenheit aufgezeigt und in
die Zukunft prognostiziert werden können.
TOP 53 – Musikpädagogischen Nachwuchs in Niedersachsen sicherstellen (Erstberatung)
Musikpädagogen werden nicht nur an den allgemeinbildenden Schulen, sondern auch an den
Musikschulen und für die mitunter ehrenamtliche Laienmusik benötigt. Viele Musikgruppen und
Chöre bereichern das kulturelle Leben in Niedersachsen flächendeckend. Da die Musik für Bildung,
Freizeitgestaltung, Integration und Inklusion eine große Bedeutung hat, sollen vielfältige
Maßnahmen ergriffen werden, um einem Fachkräftemangel in diesem Bereich entgegenzuwirken
und den überaus guten und anerkannten Ruf des Musiklandes Niedersachsen über seine Grenzen
hinaus zu erhalten.
Wir bitten die Landesregierung daher, mit den Hochschulen Maßnahmen zu
ergreifen, damit die vorhandenen Studienplätze in Niedersachsen voll ausgelastet werden.