Liebe Genossinnen und Genossen,
das Oktober-Plenum wird von zwei Krisen geprägt sein, die unser Land zurzeit zu meistern hat: zu dem anhaltenden Flüchtlingsstrom, der uns alle und viele Tausend Helferinnen und Helfer täglich fordert, ist der Skandal um die manipulierten Abgaswerte bei der Volkswagen AG getreten.

Wie kein anderes Unternehmen steht Volkswagen auch für Niedersachsen. Von Niedersachsen aus machte sich das Unternehmen auf den Weg zu einem Weltkonzern. Heute ist Volkswagen der größte Automobilhersteller der Welt. Gleichzeitig ist das Unternehmen stark im Land: 120.000 Menschen arbeiten unmittelbar bei Volkswagen. Hinzu kommen viele Tausend Beschäftigte bei Zulieferern und Dienstleistern. Sie alle haben Anteil am Erfolg des Unternehmens. Die enge Verbindung und die starke Identifikation mit Volkswagen leitet den Skandal um die Abgasmanipulationen damit direkt in unser Land. Die Auswirkungen werden hier zu spüren sein.

Es ist daher wichtig, dass die Aufklärung auch von hier aus betrieben wird. Die Verantwortlichen müssen ermittelt und zur Rechenschaft gezogen werden. Gleichzeitig müssen Instrumente entwickelt werden, die solche Dinge in Zukunft verhindern. Wirtschaftsminister Olaf Lies und Ministerpräsident Stephan Weil sind ihrer Verantwortung als Mitglieder des Aufsichtsrats nachgekommen. Sie haben die Aufklärungsarbeit aktiv vorangetrieben. Dies zeigt, wie wichtig keine starke Beteiligung des Landes am Unternehmen Volkswagen ist. Wir stehen zu dieser Beteiligung und zu den Beschäftigten. Auch und gerade in schweren Zeiten. Ministerpräsident Weil wird uns zu Beginn des Plenarabschnitts zu den aktuellen Geschehnissen bei Volkswagen unterrichten.

Auch der starke Zustrom an Flüchtlingen in unser Land beschäftigt uns weiterhin intensiv. Täglich kommen rund 1000 Menschen zusätzlich nach Niedersachsen. Unsere Aufnahmesysteme haben die Belastungsgrenze bereits mehrfach überschritten. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Aufnahmeeinrichtungen und im Innenministerium leisten dabei Großartiges. Sie stampften innerhalb weniger Wochen Tausende zusätzliche Aufnahmeplätze und Notunterkünfte aus dem Boden.

Diesen Menschen gilt unser Dank genauso wie denjenigen, die sich freiwillig in der Aufnahme der Menschen engagieren. In dieser Krise müssen wir zu Maßnahmen greifen, die wir vor Monaten noch ausgeschlossen haben. Daher erwarten wir von allen politischen Kräften in unserem Land die Unterstützung in dieser Sache. Umso erschreckender ist es, dass manche versuchen Kapital aus dieser schweren Zeit zu schlagen. Wir machen unsere Erwartung in der Aktuellen Stunde „Flüchtlingspolitik in Niedersachen: Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – Opposition stiehlt sich aus der Verantwortung“ zum Thema.

Zu den anstehenden Plenartagen

A. Gesetzesentwürfe

TOP 3 Entwurf eines Gesetzes zum Siebzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag und zur Teilhabe muslimischer Organisationen am Fernsehrat des ZDF (Drs. 17/3913)

Das Bundesverfassungsgericht hat Teile des ZDF-Staatsvertrages als unvereinbar mit Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes angesehen und die Länder verpflichtet, bis spätestens zum 30. Juni 2015 eine verfassungsgemäße Neuregelung zu treffen. In der Folge haben sich die Länder auf einen Entwurf zur Änderung des ZDF-Staatsvertrages verständigt, den die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder auf ihrer Konferenz bereits unterzeichnet haben. Wir beschließen hier das Zustimmungsgesetz zu diesem Staatsvertrag. Nach § 21 des ZDF-Staatsvertrages wird aus dem Land Niedersachsen ein Vertreter aus dem Bereich „Muslime“ entsandt, wobei die Einzelheiten zur Entsendung durch Landesgesetz geregelt werden. Diesen Beschluss nehmen wir unter diesem TOP ebenfalls vor.

TOP 6 Entwurf eines Gesetzes über die „Stiftung Zukunftsfonds Asse“ (AsseStG) (Drs. 17/4350)

Zwischen 1967 und 1978 wurden in der Schachtanlage Asse II, einem ehemaligen Salzbergwerk bei Remlingen im Landkreis Wolfenbüttel, radioaktive Abfälle eingelagert bzw. entsorgt. Seit 2009 ist das Bundesamt für Strahlenschutz für den Betrieb der Schachtanlage zuständig. Es soll die radioaktiven Abfälle nach Möglichkeit zurückholen und die Schachtanlage anschließend unverzüglich stilllegen. Dies wird nach jetzigem Planungsstand noch mehrere Jahrzehnte dauern. Der Bund trägt die Verantwortung für die nukleare Entsorgung und ihre Folgen. Entsprechend kündigte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks bei einem Besuch der Schachtanlage im März 2014 an, gegenüber der betroffenen Region für einen gewissen finanziellen Nachteilsausgleich zu sorgen. Um mit diesen Mitteln einen dauerhaften Mehrwert zu erzielen, sollen sie vor Ort in die regionale Landesentwicklung investiert werden. Für die langfristige Verzahnung von Geldgeber (Bund), den Zuständigen für die regionale Landesentwicklung (Land) und den kommunalen Akteuren mit ihren besonderen Kenntnissen, wollen wir mit diesem Gesetzesentwurf eine entsprechende Stiftung errichten. Wir beraten in erster Lesung.

B. Anträge

Neben den Gesetzesentwürfen werden wir wieder eine Reihe weiterer Initiativen beraten:

TOP 9 Hilfe für Opfer von Unrecht und Misshandlungen in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie in den Jahren 1949 – 1990 (Drs. 17/4187)

Ehemalige Heimkinder in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe bekommen Hilfe und Unterstützung zur Überwindung heute noch vorhandener Spätfolgen von erlittenem Unrecht und

Leid. In der Zeit von 1949 bis 1975 lebten etwa 700 000 bis 800 000 Kinder und Jugendliche in Säuglings-, Kinder- und Jugendheimen in der Bundesrepublik Deutschland. Der Heimaufenthalt vieler ehemaliger Heimkinder war vielfach von traumatisierenden Lebens- und Erziehungsverhältnissen geprägt. Wem während der Heimunterbringung im vorgenannten Zeit-raum in der Bundesrepublik Deutschland Unrecht und Leid zugefügt wurde, das heute noch zu Beeinträchtigungen führt, dem kann nun Unterstützung gewährt werden.

Ein entsprechender Fonds wurde für ehemalige Heimkinder eingerichtet, denen zwischen 1949 und 1990 in der ehemaligen DDR Unrecht widerfahren ist. Personen, die als Kinder und Jugendliche in Heimen der Behindertenhilfe oder psychiatrischen Einrichtungen misshandelt wurden, steht bisher eine solche Entschädigung nicht offen. Mit unserem Beschluss wollen wir entsprechende Änderungen anstoßen.

TOP 15 Bezahlbarer Wohnraum für alle Menschen in Niedersachsen! (Drs. 17/4366)

Nach Wohnungsmarktbeobachtung 2014/2015 der NBank gibt es in Niedersachsen rund 3,9 Millionen Wohnungen. Davon sind aktuell rund 93 400 gebundene Mietwohnungen. Der Bestand an Sozialwohnungen ist allein seit 2010 um mehr als 5 000 Wohnungen zurückgegangen. Der Trend hält an und lässt den Bestand drastisch sinken. In der Wohnungsmarktbeobachtung macht die NBank deutlich: „Die Bereitstellung von preisgünstigem Wohnraum für einkommensschwache Haushalte ist somit eine zentrale Herausforderung für die Kommunen. Das gilt insbesondere für die größeren Städte und andere Standorte mit steigenden Angebotsmieten.“

Mit mehreren Maßnahmen hat die Landesregierung seit 2013 ihren Anspruch für ein aktives Ein-wirken auf die Wohnungsmärkte deutlich gemacht. Bezahlbares Wohnen, Barrierefreiheit und energetische Sanierungen bilden den Schwerpunkt der Aktivitäten. Allein mit dem 400-Millionen-Euro-Sofortprogramm der Landesregierung sollen bis zu 5 000 zusätzliche geförderte Wohnungen entstehen. So kann dem rasanten Rückgang der Sozialwohnungen in Niedersachen entgegengewirkt werden. Mit 6,5 Millionen Euro wird der Bau von zusätzlichen Plätzen in den Studierendenwohnheimen ermöglicht. Wir unterstützen mit dem Antrag das Vorhaben.

TOP 18 Keine Kapazitätserweiterung von Schacht Konrad - stattdessen Überprüfung nach aktuellem Stand von Wissenschaft und Technik (Drs. 17/4356)

Im August 2015 hat die Bundesregierung der EU-Kommission ein Programm für eine verantwortungsvolle und sichere Entsorgung bestrahlter Brennelemente und radioaktiver Abfälle vorgelegt. In der Abfallbilanz werden erstmals auch 100 000 Kubikmeter angereichertes Uran aus der Brennelementherstellung sowie 200 000 Kubikmeter Abfallvolumen, das aus der Asse rückgeholt werden soll, berücksichtigt. Im Vergleich zu den bisherigen Annahmen der Bundesregierung bedeutet dies eine Verdoppelung des Volumens von schwach- und mittelradioaktiven Abfällen, das bis 2080 erwartet wird.

Für schwach- und mittelradioaktive Abfälle ist das ehemalige Erzbergwerk Schacht Konrad in Salz-gitter vorgesehen. Im Planfeststellungsbeschluss ist Schacht Konrad jedoch auf ein Abfallgebindevolumen von 303 000 Kubikmetern mit einer Gesamtaktivität von 5∙10 18 Becquerel begrenzt. Wie die o. g. zusätzlichen Abfallmengen entsorgt werden sollen, ist bis dato ungeklärt. Mit unserem Antrag fordern wir u. a. den Bund dazu auf, eine Erweiterung von Schacht Konrad dauerhaft auszuschließen und unverzüglich ein Entsorgungskonzept zu erarbeiten, das alle Arten und Mengen von schwach- und mittelradioaktivem Abfall umfasst und Anforderungen an ein Standortsuchverfahren für diese Abfälle definiert.

TOP 19 Die niedersächsischen NE-Bahnen verstärkt ausbauen (Drs. 17/4358)

Wenn die NE-Strecken (nichtbundeseigene Eisenbahnen) zur Redundanz dienen sollen, dann muss auch der Ausbaustandard entsprechend gestaltet werden. Diese erheblichen Mehrkosten können die NE aber nicht aus eigenen Mitteln tragen, sondern hier bedarf es, wegen des Nutzens für den Bahnverkehr, der Finanzierung durch den Bund. Mit unserem Antrag fordern wir genau dieses Engagement.

TOP 25 Teilhabe ermöglichen - Zugang zu Bildung schaffen (Drs. 17/4355)

Aktuelle Zahlen besagen, dass ein Viertel aller Geflüchteten unter 18 Jahre alt sind, ca. 40 % der Geflüchteten sind unter 25 Jahre. Viele Geflüchtete werden voraussichtlich in Deutschland bleiben, hier leben und sich in die Gesellschaft einbringen. Mit Blick auf die große Zahl junger Menschen wird deutlich, dass die Schaffung eines Zugangs zu Bildung und Ausbildung eine zentrale Aufgabe ist und den Schlüssel zur Teilhabe an unserer Gesellschaft darstellt.

Mit dem Erlass „Förderung von Bildungserfolg und Teilhabe von Schülerinnen und Schülern nicht-deutscher Herkunftssprache“ vom 01.07.2014, hat die Landesregierung eine gute Grundlage für die schulische Integration und Förderung von Flüchtlingskindern gelegt und mit der Bereitstellung zusätzlicher Mittel mit dem Haushaltsplan für 2015 und den Nachtragshaushalten hat sie bereits auf den Anstieg der Einwanderungszahlen reagiert. Mit unserem Antrag unterstützend wir diese Vorhaben.

Der Bund und die Länder haben sich am 24. September nicht nur zu Fragen der Asyl- und Flüchtlingspolitik geeinigt, sondern auch zur Zukunft der Nahverkehrsfinanzierung. Die Regionalisierungsmittel werden ab dem Jahr 2016 auf 8 Milliarden Euro erhöht und in den Folgejahren jährlich mit einer Rate von 1,8 % dynamisiert. Gleichzeitig haben Bund und Länder vereinbart, die Mittel des sogenannten Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes im Rahmen der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ungekürzt über 2019 hinaus fortzuführen. Die Regionalisierungsmittel werden entsprechend dem Vorschlag der Länder zeitlich verlängert und nach ihrem Vorschlag (Kieler Schlüssel) auf die Länder verteilt. In unserer Dringlichen Anfrage „Mehr Geld für den Nahverkehr – gute Planungsgrundlage für Niedersachsen“ fragen wir die Landesregierung, wie sie mit dieser Planungsgrundlage umgehen wird.

Ich freue mich auf intensive Beratungen!

Herzliche Grüße