Sabine Tippelt befindet sich weiterhin auf Sommerreise durch den Landkreis Holzminden. Heute reiste sie in den Flecken Polle, wo sie das Altenpflegeheim und die Firma Müller Treppenbau besuchte, sowie den Kindergarten mit Krippe in Heinsen.

Für Sabine Tippelt und ihre Begleiter (Willi Bost, Kreistagsabgeordneter; Hans Alexander Meinders, stellv. Bürgermeister in Polle und Reiner Wölk, Bürgermeister in Heinsen) begann der Tag im Altenpflegeheim in Polle. Wie am Tag zuvor, wurde sie auch hier von Joachim Heise, dem Leiter der Einrichtung, begrüßt. Dieser hat das Haus in Polle im Jahr 2001 übernommen. Es verfügt über Plätze für 62 Bewohner. Hinzu kommen vier Menschen, die in einer Außenwohnung leben und zwei die im betreuten Wohnprojekt leben. Die Einwohnerstruktur im Pflegeheim in Polle ist – genau wie in Boffzen – vielfältig. Demenzkranke, schwerst pflegebedürftige zum Beispiel auf der geriathrischen Station und Menschen, die nur geringer Pflege bedürfen. Außerdem hat das Haus eine Station für Sucht- und psychisch Kranke. Besonders erstere betreut Heise mit hohem persönlichen Engagement. „Ich versuche, sie in die Ortsbezüge mit einzubinden, ihnen einen geregelten Tagesablauf auch am Wochenende zu ermöglichen“. So ist es ihm zum Beispiel gelungen zwei Bewohner der Einrichtung, in den Sportverein zu integrieren, wo sie den Platz abkreiden, die Fahnen aufstellen und die Tornetze aufhängen. Außerdem leisten sie wertvolle Arbeiten für die Hausgemeinschaft. „Einer kümmert sich um unsere Autos, ein anderer mäht den Rasen“, so Heise.

Insgesamt beschäftigt Joachim Heise in Polle 40 Vollzeitmitarbeiter. Hinzu kommen geringfügig Beschäftigte und junge Erwachsene im FSJ (Freiwilliges soziales Jahr), sodass sich eine Gesamtbeschäftigtenzahl von ca. 60 Mitarbeitern ergibt. Das macht ihn und sein Pflegeheim zu einem der größten Arbeitgeber der Region. Für das Haus in Polle hat er auch Erweiterungspläne. So würde er beispielsweise gerne einen Sinnesgarten schaffen. Bei der Erweiterung geht es ihm weniger um möglichst viele neue Plätze, sondern um eine intelligente Erweiterung des Angebots. „Natürlich müssen wir auch neue Plätze schaffen, sonst ist ein Anbau nicht realistisch zu refinanzieren“, so Heise. Er selber ist neben seiner Tätigkeit als Geschäftsführer noch Dozent für Geronthologie an der Fachhochschule in Holzminden.

Die Zukunft der Pflege – besonders im ländlichen Raum – sieht Heise unter den gegebenen Umständen kritisch. „Wenn die Politik einen Plan für die Versorgung älterer Menschen aufstellen will, dann muss sie diese auch mit einbeziehen“. Eine Möglichkeit dies zu tun, bieten laut Heise die zurzeit in der Entstehung befindlichen Seniorenbeiräte. Einfach immer weitere Altenpflegeheime zu bauen, kann jedenfalls nicht das Ziel sein. „Wir haben heute schon Überkapazitäten und Leerstände“. Die Zukunft der Pflege sieht er gerade im ländlichen Bereich eher in kleinen Gruppen und Gemeinschaften von älteren.
Abschließend diskutierte die Gruppe noch über das Schulessen. Heise und sein Betrieb sind willens und auch in der Lage, Schulen in der Region mit Essen zu beliefern. Zwar hinkt die gesellschaftliche Akzeptanz an dieser Stelle ein wenig hinterher, doch hier liegt nicht das größte Problem. Wie immer stellen auch hier die Kosten das größte Problem dar. Um das Angebot zu nutzen, müssten die Essen für die Kinder subventioniert werden. Heise hat hier eine ganz klare Position: „Wenn man die Ganztagsschule will, muss man sich auch um die Verpflegung kümmern.“

Sabine Tippelt nahm die Anregungen des Heimleiters auf und versicherte zugleich, dass sie sich sowohl auf Landkreis- als auch auf Landesebene mit den zuständigen Personen – sowohl was die Zukunft der Pflege im ländlichen Raum angeht, als auch die Diskussion um das Schulessen – zusammensetzen werde, um tragfähige Lösungen zu entwickeln. Sie dankte Joachim Heise auch für die Einladung und die konstruktive Diskussion. „Herr Heise und seine Betriebe sind nicht nur ein leuchtendes Beispiel für im besten Sinne des Wortes menschlich geführte Pflegeheime. Er zeichnet sich darüber hinaus auch durch seine unglaubliche Energie, die er für die Belange der älteren in unserer Gesellschaft aufbringt aus. Aus den Gesprächen mit ihm, kann ich eine ganze Menge mitnehmen. Darüber bin ich sehr froh und dankbar“, sagte Sabine Tippelt am Ende des Treffens.

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Andrea Rohner (m.,vorne) mit Willi Bost, Reiner Wölk, Sabine Tippelt und Hans Alexander Meinders (v.l.n.r.) im Neubau des Kindergartens

Zweite Station des Tages war der Kindergarten mit integrierter Krippe in Heinsen. Geführt wurde die Gruppe vor Ort vom Heinser Bürgermeister Reiner Wölk un der Leiterin des Kindergartens, Andrea Rohner. Gemeinsam zeigten sie der Landtagsabgeordneten den neuen Anbau des Kindergartens. Dieser entstand in Zusammenarbeit und gemeinsamer Finanzierung der vier Gemeinden Heinsen, Polle, Brevörde und Vahlbruch. Der gesamt Bau – inklusive des Außenbereichs – hat stolze 400.000 Euro gekostet. Daran waren die vier Gemeinden mit einem Anteil von 80.000 Euro beteiligt. Im für 25 Kinder ausgelegten Kindergarten, tummeln sich zurzeit elf Kleinkinder. Für das kommende Jahr liegen bereits 14 Anmeldungen vor. In der für 15 Kinder ausgelegten Krippe, verbringen momentan neun einen Teil des Tages, wobei auch hier die Zahl bald auf 12 steigen wird. „Die Erfahrung zeigt, wo Krippenplätze angeboten werden, ist die Nachfrage sehr schnell sehr groß“, so Andrea Rohner.

Der ebenfalls neu gebaute Außenbereich hat sich zu einem kleinen Paradies für die Kindergartenkinder entwickelt. Es findet sich dort ein Sandspielplatz, ein Wasserspielplatz, eine Hängebrücke, ein Rodelhügel und diverse Spielgeräte. Das der gesamte Bau am Ende – ganz unüblich für öffentliche Projekte – nicht teurer als geplant wurde, hat auch damit zu tun, dass viele Arbeitsschritte von Ehrenamtlichen, zu denen auch Reiner Wölke zählt, übernommen wurden. Ebenfalls unüblich aber äußerst bemerkenswert ist die Tatsache, dass sich die vier Gemeinden nicht nur die Baukosten geteilt haben, sondern teilweise auch die Ausbildung der Kripppenleiterin finanziert haben. Und obwohl der Kindergarten zwei neue Mitarbeiterinnen bekommen hat, sieht Andrea Rohder nach wie vor den Bedarf für eine dritte Kraft. „Wenn tatsächlich irgendwann 25 Kindergartenkinder – zusätzlich zu den Krippenkindern – zu uns kommen, dann brauchen wir eine dritte Kraft“. Allerdings ist für die kein Geld da, zumindest noch nicht.

Sabine Tippelt lobte die vorbildliche Zusammenarbeit, die letztlich zum Erfolg geführt hat. „Dieses gemeinsame Projekt hat Vorbildcharakter für andere Gemeinden. Die Kassenlage in den Haushalten ist in vielen Fällen schlecht. Wenn man sich aber zusammentut, kann man trotz geringer Mittel etwas erreichen, das ist hier eindrucksvoll bewiesen worden“, sagte die Landtagsabgeordnete.

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Marco Müller (l.) erklärt Sabine Tippelt, Willi Bost und Reiner Wölk (v.l.n.r.) die Abläufe im Betrieb

Den Abschluss der Reise durch Polle bildete ein Besuch bei der Firma Müller Treppenbau. Hier wurden Sabine Tippelt und ihre Kollegen von Geschäftsführer Marco Müller durch den Betrieb geführt. Dieser begann die Führung mit einem grundsätzlichen Überblick über den Betrieb. Gegründet wurde die Tischlerei im Jahr 1866, was bedeutet, dass Marco Müller den Betrieb bereits in fünfter Generation führt. Damals baute die Tischlerei noch Möbel aller Art. Die Spezialisierung auf den Treppenbau erfolgte erst Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre. „Ohne ein Spezialgebiet geht es heut fast überhaupt nicht mehr“, sagt Marco Müller und lobt ausdrücklich die unternehmerisch wichtige Entscheidung seines Vaters. Dieser war es auch, der die Firma behutsam in das Zeitalter der technischen Hilfsmittel führte. Die erste Neuerung war eine technische Zeichenmaschine, die 1988 angeschafft wurde. Heute verfügt Müller Treppenbau über zwei CNC Maschinen.

Das deutschlandweit tätige Unternehmen beschäftigt aktuelle 35 Mitarbeiter, darunter zwei Lehrlinge, die eine Ausbildung zum Tischler machen. Der Kundenkreis besteht sowohl aus Privat- wie Firmenkunden. Letztere sind besonders in der Branche der Fertighausbauer zu finden, wobei sich die Firma in den letzten Jahren eher zu den Privatkunden entwickelt hat. „Wir bieten sehr gute Qualität und die setzt sich am Ende immer durch. Auch wenn man manchmal einen längeren Atem braucht“, so Müller. Dass Müller Treppenbau hohe Qualität liefert, belegt nicht zuletzt der Preis „Tischlerei des Jahres“, den die Firma 2004 gewonnen hat. Um vor allen den Privatkunden – die teilweise lange Wege auf sich nehmen – die gesamte Produktpalette besser präsentieren zu können, baute Marco Müller ein repräsentatives Ausstellungshaus an den Betrieb an. „Diese Investition aht sich absolut gelohnt“, so der Geschäftsführer.

Im Produktionsbereich angekommen, zeigte der Chef seinen Besuchern dann die einzelnen Arbeitsschritte die nötig sind, damit am Ende eine Treppe steht. Von den Rohbohlen die in einer beheizten Halle lagern, um sie vor der Witterung zu schützen, über die Konstruktion am PC aus der das automatische Aussägen einzelner Treppenteile aus einer großen Platte folgt, über die maschinelle Bearbeitung und das manuelle Schleifen, bis hin zum lackieren und dem Versand, präsentierte Marco Müller die gesamte Vielfalt des Unternehmens. Auch die kleinen technischen Feinheiten führte er vor. Energiesparende Fotovoltaikanlagen, eine automatische Befeuchtungsanlage und eine Funkenlöschanlage. Die Gäste aus der Politik waren durchaus beeindruckt, besonders von den technischen Möglichkeiten der Poller Firma. „Ich kann heute ganz klar sagen, wenn wir den Schritt zur Technisierung nicht gemacht hätten, gäbe es uns heute vielleicht gar nicht mehr“, fasst der Geschäftsführer die Notwendigkeit der Automatisierung einzelner Arbeitsschritte zusammen. Im abschließenden 10 – Augen – Gespräch diskutierten Marco Müller mit Sabine Tippelt und ihren Begleitern die Situation in der Gemeinde, im Landkreis und im Land. Müller waren dabei besonders der ungenügende Ausbau der kleinen Straßen in der Region, das schlechte Bildungsniveau vieler Bewerber und die horrenden Schulden der öffentlichen Hand ein Dorn im Auge.

Sabine Tippelt dankte Marco Müller zum Abschluss nicht nur für den informativen Rundgang, sonder besonders für die Anregungen und die Kritik, die er geäußert hat. „Wenn ich eine Firma besichtige, dann will ich nicht nur fotografiert werden und in der Zeitung stehen. Ich will, dass die Menschen mir über ihre Probleme berichten. Mir sagen, wo die Politik eingreifen muss und wie wir Dinge besser für die Menschen gestalten können. Darum bin ich immer sehr froh, so offene und kritische Menschen wie Herrn Müller zu treffen“, so Tippelt.