Liebe Genossinnen und Genossen,
vor uns liegt der Plenarabschnitt des Oktobers. In wenigen Tagen, am 1. November, feiern wir das 70jährige Bestehen unseres Bundeslandes. Die britische Besatzungsmacht folgte im Jahr 1946 dem Vorschlag von Hinrich Wilhelm Kopf und gründete am 8. November 1946 mit der Verordnung Nr. 55 der britischen Militärregierung rückwirkend zum 1. November 1946 das Land Niedersachsen. Das Land entstand aus der Vereinigung der Länder Braunschweig, Freistaat Oldenburg und Schaumburg-Lippe mit dem zuvor gebildeten Land Hannover. Am 9. Dezember 1946 trat der erste Niedersächsische Landtag zusammen - nicht gewählt, sondern von den Briten eingesetzt. Am selben Tag wählte der Landtag den Sozialdemokraten Hinrich Wilhelm Kopf zum ersten Ministerpräsidenten.

Seit dieser Zeit hat sich unser Land gut entwickelt: Aus einem strukturschwachen und in Teilen durch den zweiten Weltkrieg stark zerstörten, künstlichen Gebilde ist ein starkes und vielfältiges Bundesland geworden. Wir haben nach innen eine eigene Identität als Niedersächsinnen und Niedersachsen entwickelt und nach außen unseren Platz in der bundesdeutschen Zusammenarbeit gefunden. An dieser Entwicklung waren Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten maßgeblich beteiligt: Angefangen bei Hinrich Wilhelm Kopf, über Georg Diederichs, Alfred Kubel, Gerhard Schröder, Gerhard Glogowski und Sigmar Gabriel bis hin zu Stephan Weil. Sie alle haben zusammen mit vielen anderen unser Land zu dem gemacht, was es heute ist.

Erst vor ein paar Tagen ist wieder ein Meilenstein für den Fortbestand und die Stärkung Niedersachsens gesetzt worden. Bund und alle 16 Länder haben sich auf eine Neuregelung des Finanzausgleichs geeinigt. Die Ausgangslage war dabei eine Herausforderung. Jedes Bundesland und der Bund hatten individuelle Interessen in diesen Verhandlungen. Die Geberländer wie Bayern und Baden-Württemberg wollten weniger

zahlen, die Nehmerländer wie Bremen und das Saarland höhere Ausgleichszahlungen erwirken. Niedersachsen drohte zwischen diesen Interessen unter die Räder zu geraten.

Hier hat die Landesregierung mit Ministerpräsident Stephan Weil an der Spitze Verhandlungsgeschick bewiesen. Niedersachsen wird ab 2020 jährlich brutto 600 Millionen Euro mehr erhalten. Ein Erfolg für unser Land. Allerdings lehnen wir die Kompetenzverschiebung beim Bau und Unterhalt der Bundesautobahnen ab. Niedersachsen hat dies durch eine entsprechende Protokollnotiz deutlich zum Ausdruck gebracht. Hier zeichnen sich erkennbar Nachteile ab, insbesondere der Aufbau einer überflüssigen Doppelstruktur von Bundes- und Landesstraßenverwaltung. Der Ministerpräsident wird daher den Landtag zu Beginn des Plenarabschnitts über die Einzelheiten der Bund-Länder-Einigung unterrichten.

Aktuelle Stunde:

Antibiotikaresistenzen gehören zu den vordringlich zu lösenden Problemen im Bereich der Gesundheit von Mensch und Tier. Daher hat die Landesregierung im Juni 2015 Schwerpunkte für eine gemeinsame ressortübergreifende Strategie entwickelt. Ein Zwischenbericht mit ersten Erfolgen wurde jetzt vorgelegt: Nach Etablierung eines Antibiotikaminimierungskonzeptes kann in Niedersachsen ein Rückgang der Gesamtmenge der an Tierärztinnen und Tierärzte abgegebenen antibiotischen Tierarzneimittel verzeichnet werden. Gleichzeitig verbessern sich die entsprechende Keimbelastung in unseren Krankenhäusern. Wir werden diese Erfolge daher in unserer Aktuellen Stunde „Niedersachsen geht voran – Strategie gegen Antibiotikaresistenzen umsetzen!“ zum Thema im Landtag machen.

Zu den Gesetzesentwürfen und Anträgen in erster Beratung:

A. Gesetzesentwürfe

TOP 41 Entwurf eines Niedersächsischen Gesetzes zur Ausführung des Gesetzes über die psychosoziale Prozessbegleitung im Strafverfahren (Drs. 17/6689)

Damit Niedersachsen weiterhin eine Vorreiterrolle in der psychosozialen Prozessbegleitung einnehmen kann, ist die Beibehaltung und Fortentwicklung der hohen niedersächsischen Standards sicherzustellen. Der Entwurf regelt dabei die Voraussetzungen für die Anerkennung als psychosoziale Prozessbegleiterin oder psychosozialer Prozessbegleiter und die Anerkennung der Aus- und Weiterbildung im Bereich der psychosozialen Prozessbegleitung für das Land Niedersachsen. Darüber hinaus regelt er das Verfahren zur Beantragung der Anerkennung zur psychosozialen Prozessbegleiterin oder zum psychosozialen Prozessbegleiter und von Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen.

B. Entschließungsanträge

TOP 27c Berufliche Bildung gemeinsam stärken (Drs. 17/5386)

Nach wie vor ist die duale Berufsausbildung in Deutschland ein Erfolgsmodell. Sie bietet vielen jungen Menschen eine gute berufliche Qualifizierung, sichert der Wirtschaft den dringend benötigten Fachkräftenachwuchs und trägt zu einer im europäischen Vergleich geringen Jugendarbeitslosigkeit bei. Die berufliche Bildung steht hier jedoch vor großen Herausforderungen: Während die Zahl der Schulabgängerinnen und -abgänger demografisch bedingt weiter abnimmt, steigt parallel ihre Neigung, ein Studium aufzunehmen. Inzwischen beginnen bundesweit jährlich mehr junge Menschen ein Studium als eine betriebliche Ausbildung. In der Folge dieser Entwicklung sinkt die Anzahl

der Bewerberinnen und Bewerber um eine betriebliche Ausbildung. Hinzu kommt, dass kleine und mittlere Unternehmen sich zunehmend aus der Ausbildung zurückziehen und sowohl die Ausbildungs- als auch die Ausbildungsbetriebsquote in den letzten Jahren sinken. Hier müssen wir gemeinsam mit den Partnern des Bündnisses duale Berufsausbildung gegensteuern.

TOP 38 Landesprogramm zum Abbau von Langzeitarbeitslosigkeit - Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren! (Drs. 17/6685)

Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist gespalten: Auf der einen Seite baut der anhaltende Stellenboom die Arbeitslosigkeit Stück für Stück ab. Gleichzeitig verharrt die Anzahl der Langzeitarbeitslosen auf hohem Niveau. Bundesweit sind mehr als 1 Millionen Menschen trotz der guten Beschäftigungsentwicklung dauerhaft vom Arbeitsmarkt und damit von gesellschaftlicher Teilhabe abgehängt. In Niedersachsen suchten im vergangenen Jahr knapp 100 000 Menschen seit einem Jahr oder länger einen Arbeitsplatz. Der Anteil der Langzeitarbeitslosen hat sich langsam erhöht und ist seit 2009 von 34% auf jetzt 38 % gestiegen. Mit unserem Antrag fordern wir daher ein Landesprogramm, um dieser Entwicklung entgegenzutreten.

TOP 39 Die Energiewende zum Erfolg führen - Angebot und Nachfrage zusammenbringen (Drs. 17/6692)

Um die Energieversorgung rund um die Uhr zu sichern, müssen Angebot und Nachfrage zu jedem Zeitpunkt deckungsgleich sein. Was angesichts der Schwankungen der Nachfrage und des erneuerbaren Stromangebots große Herausforderungen an die Energiewirtschaft stellt. Dabei muss die Energieversorgung bezahlbar und verlässlich bleiben. Netzengpässe entstehen, wenn in Spitzenzeiten mehr Strom erzeugt wird, als an die Netze abgegeben werden kann, oder in Zeiten geringer Nachfrage wie des Nachts oder auch an Feiertagen. Dies geschieht z. B., wenn regional die Erzeugung erneuerbaren Stroms und Stroms aus fossilen Kraftwerken den Verbrauch übersteigt oder wenn ausreichend dimensionierte Netze fehlen. In diesen Fällen werden bislang häufig erneuerbare Anlagen abgeregelt und damit CO2-freier Strom verschenkt. Die damit verbundenen Entschädigungszahlungen an die Anlagenbetreiber tragen die Verbraucherinnen und Verbraucher. Das ist technisch und volkswirtschaftlich ineffizient. Mit unserem Antrag fordern wir innovative Flexibilitäts- und Speicherkonzepte, um die angestrebte Energiewende zum Erfolg zu führen.

Ich freue mich auf diesen Plenarabschnitt!

Herzliche Grüße