Liebe Genossinnen und Genossen,

nach dem Sonderplenum zum Thema Flüchtlingspolitik vor ein paar Tagen, steht nun die reguläre Plenarwoche des Septembers an. Auch in dieser Woche wird die Flüchtlingspolitik als große landespolitische Herausforderung gegenwärtig sein.

Das Schließen der Bundesgrenzen an diesem Wochenende stellte eine Zäsur in der Nachkriegsgeschichte dar. Es ist der Bundesregierung bisher nicht gelungen, auf europäischer Ebene zu einer Einigung über die gerechte Verteilung der Menschen zu kommen, die bei uns Schutz suchen. Niedersachsen hat im Sinne der bundesdeutschen Solidarität mehr Flüchtlinge aufgenommen, als nach dem vereinbarten Verteilschlüsseln notwendig gewesen wäre. Die Landesregierung hat dazu in kürzester Zeit Tausende neue Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen geschaffen. Unser Dank gilt den vielen zupackenden Händen, die das ermöglicht haben.Unser Ministerpräsident hat die klare Erwartungshaltung Niedersachsens an die Bundesregierung deutlich gemacht, bei Nichteinigung mit den europäischen Partnern auch ein Alternativkonzept zum Umgang mit dem Flüchtlingsstrom zu entwickeln. Er wird das Parlament zu Beginn des Plenarabschnitts über die Ergebnisse der Gespräche in Berlin unterrichten.Die Krisenbewältigung, d.h. die Schaffung von Unterbringungsmöglichkeiten in unserem Land, steht derzeit im Vordergrund der politischen Debatte. Wir müssen jedoch im Blick haben, dass dies erst der erste Teil der Aufgabe ist. Es werden ebenso intensive Anstrengungen zur Integration der Flüchtlinge in unsere Gesellschaft folgen müssen.

Vor dem Hintergrund dieser großen Herausforderungen dürfen wir jedoch die anderen Themen nicht aus dem Auge verlieren. In unserer rot-grünen Regierungskoalition legen wir einen Schwerpunkt auf das Thema Bildung. Wir wollen, dass alle Kinder die gleichen Bildungschancen haben. Gleichzeitig wollen wir es Familien ermöglichen, Familie und Beruf miteinander zu vereinbaren. Deshalb haben wir viele neue Krippenplätze und neue Ganztagsschulen eingerichtet. Froh waren wir, als das Bundesverfassungsgericht das familienpolitisch rückwärtsgewandte und von der CSU entwickelte Betreuungsgeld gekippt hat. Jetzt müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass die CDU auf ihrem letzten Landesparteitag ein Landesbetreuungsgeld für Niedersachsen fordert. Sie setzt damit die rückwärtsgewandte Politik der CSU fort. Wir wollen die freiwerdenden Mittel für die Qualitätsverbesserung in der frühkindlichen Bildung verwenden. Daher werden wir in unserer Aktuellen Stunde „Bessere Kindertagesstätten statt Landesbetreuungsgeld“ deutlich machen, dass wir für die Umsetzung der Idee eines Landesbetreuungsgeldes nicht zur Verfügung stehen, sondern für eine auf Gleichberechtigung und Chancengerechtigkeit gerichtete Familienpolitik stehen.

Zu den anstehenden Plenartagen

A. Gesetzesentwürfe

TOP 3 Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Meldewesens in Niedersachsen

(Drs. 17/4190)

Der Gesetzentwurf dient der Umsetzung der grundlegenden Änderungen im Meldewesen auf Bundesebene. Im Zuge der Verhandlungen in der Föderalismuskommission I wurde das Meldewesen der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes zugewiesen. Der Bund hat von dieser Gesetzgebungskompetenz nunmehr umfassend Gebrauch gemacht und das Bundesmeldegesetz (BMG) erlassen. Das frühere Melderechtsrahmengesetz ist damit außer Kraft getreten. Das auf der Grundlage des Melderechtsrahmengesetzes erlassene Niedersächsische Meldegesetz (NMG) soll nun ebenfalls außer Kraft treten, da das BMG anzuwenden ist und die Regelungsinhalte überwiegend dort abschließend festgelegt werden. Dem Land verbleibt insoweit nur die Schaffung ausführender Regelungen im Rahmen seiner Kompetenz für die Durchführung des Verwaltungsverfahrens. Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf werden wir von dieser Kompetenz Gebrauch machen. Wir beraten den Entwurf abschließend.

TOP 4 Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Beteiligungskultur innerhalb der Hochschulen (Drs. 17/3949)

Dieser Gesetzesentwurf steht zur ersten Beratung auf der Tagesordnung. Mit diesem wollen wir die Hochschulautonomie durch Stärkung der Beteiligungskultur innerhalb der Hochschulen weiterentwickeln. Dies betrifft insbesondere die Erweiterung der studentischen Mitwirkungsmöglichkeiten sowie die Stärkung der Einflussmöglichkeiten der Personalvertretungen und der Gleichstellungsbeauftragten auf die hochschulinternen Entscheidungsprozesse. Dabei erfolgt die Erweiterung der studentischen Mitbestimmungsmöglichkeiten unter Wahrung der verfassungsrechtlichen Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht erneut bekräftigt hat und die zugleich eine ausgewogene Balance der Hochschulorgane gewährleisten.

Daneben sollen mit dem Gesetzentwurf die aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts erforderlichen Rechtsänderungen der für die humanmedizinischen Einrichtungen geltenden Organisationsnormen umgesetzt werden. Zudem werden weitere hochschulrechtliche Regelungen fortentwickelt.

TOP 5 und 6 Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans 2016 sowie das Haushaltsbegleitgesetz (Drs. 17/4093 und 4188)

In diesem Plenarabschnitt wird der Entwurf des Haushaltes 2016 und des Haushaltsbegleitgesetzes in den Landtag eingebracht. In den kommenden Wochen finden dann die Beratungen in den Fachausschüssen, in den Arbeitskreisen unserer Fraktion und in der (Haushalts-)Klausurtagung am 16./17. November 2015 statt. Die Verabschiedung des Haushaltes erfolgt im Rahmen der Plenartagung im Dezember.

TOP 7 Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Jugendarrestvollzuges in Niedersachsen (Drs. 17/4111)

Der Gesetzesentwurf stellt die gesetzliche Grundlage für den Jugendarrestvollzug in Niedersachsen dar. Diese Form der Freiheitsentziehung war bislang nur unzureichend gesetzlich geregelt. Neben der Vorschrift des § 90 des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) erfolgte eine nähere Ausgestaltung im Wesentlichen durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung, der Jugendarrestvollzugsordnung. Seit der Föderalismusreform liegt die Gesetzgebungskompetenz bei den Ländern. Von dieser Gesetzgebungskompetenz machen wir nunmehr Gebrauch. Der wesentliche Anteil des Jugendarrestes betrifft den Arrest als jugendrichterliche Sanktionsmöglichkeit wegen Begehung einer Straftat, entweder als direkt ausgeurteilte Sanktion oder im Rahmen eines Nichtbefolgungsarrestes. Wir beraten in erster Lesung.

B. Anträge

Neben den Gesetzesentwürfen werden wir wieder eine Reihe weiterer Initiativen beraten:

TOP 19 Kein Raum für Islamfeindlichkeit – Erfassung islamfeindlicher Taten verbessern (Drs. 17/2888)

Die genaue Betrachtung der Zahlen zu islamfeindlichen Übergriffen zeigt, dass es an genauen Instrumenten zur Messung antimuslimisch motivierter Straftaten nach wie vor fehlt. Obwohl viele gewalttätige Übergriffe auf Moscheen in Niedersachsen als zweifelsfrei politische Taten erfasst wurden, kann eine genauere Zuordnung vielfach nicht erfolgen. Ursächlich hierfür ist das gegenwärtige Definitionssystem der politisch motivierten Kriminalität. Hiernach können etwa Übergriffe auf Moscheen oder muslimische Mitbürgerinnen und Mitbürger unter das Thema „Hasskriminalität“ erfasst werden. Eine gesonderte Erfassung der Taten als antimuslimisch motiviert ist aber nicht möglich. Das wollen wir mit der vorliegenden Entschließung ändern, die wir abschließend beraten.

TOP 29 Zum Gesundheitsschutz der Menschen – Reserveantibiotika bleiben der Humanmedizin vorbehalten (Drs. 17/4186)

Antibiotika sind für die Behandlung bakterieller Infektionskrankheiten sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin unverzichtbar. Um der Herausforderung zunehmender Antibiotikaresistenzen wirksam zu begegnen, müssen neue Resistenzbildungen und die Weiterverbreitung von resistenten Keimen in den Einrichtungen des Gesundheitswesens (Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen, Pflegeheime, ambulante Pflegedienste, Arztpraxen) und in Tierhaltungen vermieden werden. Mit unserer Entschließung fordern wir die Landesregierung auf, sich auf verschiedene Weise dafür einzusetzen. Wir beraten in erster Lesung.

TOP 30 Hilfe für Opfer von Unrecht und Misshandlungen in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie in den Jahren 1949 – 1990 (Drs. 17/4187)

Ehemalige Heimkinder in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe bekommen Hilfe und Unterstützung zur Überwindung heute noch vorhandener Spätfolgen von erlittenem Unrecht und Leid. In der Zeit von 1949 bis 1975 lebten etwa 700 000 bis 800 000 Kinder und Jugendliche in Säuglings-, Kinder- und Jugendheimen in der Bundesrepublik Deutschland. Der Heimaufenthalt vieler ehemaliger Heimkinder war vielfach von traumatisierenden Lebens- und Erziehungsverhältnissen geprägt. Wem während der Heimunterbringung im vorgenannten Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland Unrecht und Leid zugefügt wurde, das heute noch zu Beeinträchtigungen führt, dem kann nun Unterstützung gewährt werden.

Ein entsprechender Fonds wurde für ehemalige Heimkinder eingerichtet, denen zwischen 1949 und 1990 in der ehemaligen DDR Unrecht widerfahren ist. Personen, die als Kinder und Jugendliche in Heimen der Behindertenhilfe oder psychiatrischen Einrichtungen misshandelt wurden, steht bisher eine solche Entschädigung nicht offen. Mit unserem Antrag wollen wir entsprechende Änderungen anstoßen. Unsere Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hat in der vergangenen Woche für eine rasche Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt plädiert. Nach Medienberichten will die Bundesregierung mehr als 1 Milliarde Euro für den Arbeitsmarkt ausgeben, um Flüchtlinge schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Nach Angaben der Bundesministerin bringe etwa jeder zehnte Flüchtling Vorausset-zungen mit, um direkt in eine Arbeit oder Ausbildung vermittelt zu werden. Daher werden wir das Thema in unserer Dringlichen Anfrage „Wie werden Migrantinnen und Migranten in den Erstaufnahmeeinrichtungen mit den Chancen und Voraussetzungen der Integration in den deutschen Arbeitsmarkt vertraut gemacht?“ zum Thema im Landtag machen.

Ich freue mich auf intensive Beratungen!

Herzliche Grüße