Rede zum Einzelplan 08, des Landeshaushaltes 2012, am 6. Dezember 2011


Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Eigentlich verbietet es sich für uns als SPD-Fraktion, auf einer derart unischeren finanziellen Grundlage über einzelne Haushaltsstellen und Umschichtungen im Einzelplan 08 eine politische Debatte zu führen. Eine solche zwingend notwendige Grundlage ist erst gesichert, wenn der Staatsgerichtshof am 16. Dezember 2011 sein für die Regierung vernichtendes Urteil gesprochen hat.
Nun jedoch zu unserer Kritik an Ihrer Schwerpunktsetzung im Einzelplan 08.
Dieser Haushaltsentwurf ist eine schallende Ohrfeige für kleine und mittelständische Unternehmen, für die Energiewirtschaft, für maritime Wirtschaft und für die Ernährungs-, Gesundheits- und Tourismuswirtschaft.
Sie fahren Niedersachsen mit Ihrer Politik nicht einfach nur an die Wand; Sie schneiden auch vorher schnell noch die Bremsschläuche durch und sehen mit einem lächelnden und Gesicht in die Katastrophe, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Alles was Sie tun ist, Investitionen zu verschieben, Mischfinanzierungen zu erhöhen und eine ohnehin schon niedrige Investitionsquote mit dem Hinweis auf Konsolidierung weiter abzusenken. Der Anteil der Landesmittel sinkt von 31% in 2011 auf fast schon lächerliche 29% im Jahr 2013. Ohne Mittel aus Brüssel und Berlin hätten Sie allergrößte Schwierigkeiten, wirtschafts- und strukturpolitisch in diesem Land noch irgendetwas zu bewegen.
Anstatt tragfähige und nachhaltige Konzepte zu entwickeln, lassen Sie also Dritte finanzieren. So weit haben Sie es gebracht. Gratulation dazu, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wer in diesem Haushalt Gestaltungskraft sucht, der wird bitter enttäuscht. Es finden sich keinerlei Impulse oder Ideen für die Förderung einer nachhaltigen Wirtschaftsentwicklung. Daraus kann man eigentlich nur den Schluss ziehen, dass Herr Bode innerhalb dieser Regierung überhaupt keine Durchsetzungskraft besitzt. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren: Das wäre allerdings auch verwunderlich gewesen. Er ist ja häufiger im Ausland als in Niedersachsen!
Herr Bode, was haben Ihre ganzen Reisen dem Land Niedersachsen eigentlich gebracht? Ihre Aufgabe als Wirtschaftsminister ist es, Kontakte zu knüpfen und das Land Niedersachsen als Wirtschafts-, Industrie- und Investitionsstandort attraktiv zu machen. Ob Sie es glauben oder nicht: Dafür muss man nicht ständig ins Ausland fahren. Ich gebe zu: Niedersachsen ist doch – trotz seiner Regierung – ein tollen Land. Bleiben Sie doch zwischendurch auch mal hier!
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu einer zukunftsweisenden Wirtschaftspolitik, die unser Land nach vorne bringt, gehören für uns auch Tariftreue, Mindestlöhne – damit sind ausschließlich Löhne gemeint, von denen die Menschen auch leben können – und eine verantwortungsbewusste Gesundheitsförderung am Arbeitsplatz.
Sie rühmen Sich ja gerne mit dem stetigen Rückgang der Arbeitslosigkeit in Niedersachsen. Ihre so hoch gelobten Zahlen trüben sich allerdings bei genauerem Hinsehen deutlich ein, denn die guten Zahlen entstehen hier nur durch einen starken Anstieg der Leiharbeit und eine höhere Zahl von prekären Arbeitsverhältnissen. Das kann und darf nicht die Zukunft des Arbeitens in unserem Land sein, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Darüber hinaus haben im Ausbildungsjahr 2010/2011 nur 45% der Bewerber auch tatsächlich einen Ausbildungsplatz bekommen. Bei so niedrigen Zahlen ist es nicht verwunderlich, dass uns ein Fachkräftemangel droht. Um diesem wirksam entgegenzuwirken, muss es in Niedersachsen besser als bisher gelingen, wenn ein Paket aus wirtschafts-, sozial-, wissenschafts- und bildungspolitischen Maßnahmen geschnürt und umgesetzt wird.
Diese Landesregierung lässt jedoch die einzelnen Ressorts einfach weiter aneinander vorbei arbeiten und Niedersachsen entfernt sich immer weiter von einer tragfähigen Lösung dieses Problems. Dabei ist doch gerade in den Reihen dieses Landeskabinetts der Fachkräftemangel am deutlichsten erkennbar, mein sehr geehrten Damen und Herren. Sie veranschlagen im Haushalt jährlich 2,7 Millionen Euro als Investitionsmittel für die niedersächsischen NE-Bahnen. Dazu geben Sie in Ihrer grenzenlosen Güte einmalig 1 Million Euro Infrastrukturmaßnahmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, hier sieht entschlossenes Handeln ganz anders aus. Die NE-Bahnen stellen einen wichtigen Teil der Landesinfrastruktur dar und verdienen deutlich mehr Unterstützung. Wer Hafenhinterlandverbindungen für Güter- und den Schienenverkehr ausbauen will, muss sich für eine gesetzliche Regelung auf Bundesebene einsetzen. Der Bund muss in die quotale Finanzierung mit einsteigen. Nur dann kann der Ansatz für Investitionen entsprechend erhöht werden und die NE-Bahnen werden endlich in die Lage versetzt, der ihnen zugedachten Rolle in vollem Umfang gerecht zu werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, des Weiteren bedarf es eines zukunftsweisenden Omnibusförderprogramms. Notwendig sind Investitionen in die veralteten Busflotten, vor allem unter einem ökologischen Gesichtspunkt: Niedersachsen braucht mehr umweltverträgliche Busse mit einem geringeren CO₂-Ausstoß. Ein solches Programm wird in nachhaltiger Art und Weise den künftigen Erfordernissen des Umweltschutzes und des ÖPNV gerecht.
Letzteres ist besonders unter dem Aspekt des demografischen Wandels zu berücksichtigen. Wir alle rechnen mit rückläufigen Schülerzahlen bei gleichzeitigem Anstieg der Anforderungen im ÖPNV. Hier müssen mehr Mittel bereitgestellt und vor allen Dingen gegen Zweckentfremdung abgesichert werden.
Denn genau das haben Sie gemacht, als Sie mit dem Geld die Mittel nach §45a des Personenbeförderungsgesetzes finanziert haben! Sie haben es zweckentfremdet, statt es sinnvoll zu investieren, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Im Landesstraßenbauplafond veranschlagen Sie Mittel in Höhe von 87,5 Millionen Euro. Davon entfallen 77 Millionen Euro auf den Erhalt der Landesstraßen. Der Landesrechnungshof hat Ihnen schon 2007 ins Stammbuch geschrieben, dass Sie jedes Jahr 70 Millionen Euro zur Substanzerhaltung der Straßen in unserem Land bereitstellen müssten. Das haben Sie aber bisher nie getan, sondern lieber unsere Straßen verrotten lassen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
In den 77 Millionen Euro sind auch schon die Mittel für die Instandsetzung der niedersächsischen Brücken enthalten. Der Landesrechnungshof hat Ihnen im Juni dieses Jahres mit auf den Weg gegeben, dass die Mittel für Brückensanierung mehr als verdoppelt werden müssen.
Von durchschnittlich 7,1 Millionen Euro, die zwischen 2004 und 2009 ausgegeben wurden, auf 18,8 Millionen Euro. Rechnet man also die in den genannten Jahren versäumten Investitionen zusammen, so liegt der Wert der unterlassenen Bauwerkserhaltung bei rund 70 Millionen Euro. Was ich damit sagen will, ist: Mit Ihren 77 Millionen Euro für den Erhalt der Straßen könnten Sie gerade so den Substanzverlust an den niedersächsischen Brücken ausgleichen. Für die Straßen bleibt da nichts mehr übrig. Aber Sie feiern eine Offensive für die Landesstraßen und gaukeln den Menschen damit etwas vor.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Haushaltsplanung die uns hier heute vorliegt ist nicht nur verfassungswidrig, sondern zu allem Überfluss auch noch höchst peinlich. Sie gestalten nicht – Sie verunstalten. Sie investieren nicht – Sie kürzen. Sie haben keine Ideen für ein zukunftsfähiges Niedersachsen. Sie wickeln das Land ab.
Eine Stärkung des Wirtschaftsstandortes Niedersachsen ist nur mittels einer Wirtschafts- und Strukturpolitik möglich, die nachhaltige Wirtschaftsstrukturen fördert, die Beschäftigung und Einkommen sichert und zugleich den ökonomischen Herausforderungen unserer Zeit gerecht wird.
Eckpfeiler eines solchen Konzepts sind die gezielte Unterstützung der Innovationskraft kleiner und mittelständischer Unternehmen, die Förderung des sozial gestalteten ökologischen Umbaus der Energiewirtschaft, der Ausbau der Ernährungs-, Gesundheits- und Tourismuspolitik, die Förderung der Wachstumsbranche „Maritime Wirtschaft“ sowie die Bereitstellung einer guten Infrastruktur unter Nutzung intelligenter Mobilitätskonzepte.
Von all dem, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat diese Landesregierung keine Ahnung. Deshalb kann man im Sinne unseres Landes nur inständig hoffen, dass für diese Aufführung von Laienschauspielern bald der letzte Vorhang fällt.