Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Der hier und heute zur Abstimmung stehende Antrag der Fraktionen von CDU und FDP lautet „Gesundheitstourismus: Potenziale eines Wachstumsmarktes nutzen“. Hat man den Antrag gelesen, reibt man sich verwundert die Augen und möchte ihn zugleich in „Denn sie wussten nicht, was sie taten“ umbenennen.
In dem Antrag heißt es z. B., dass die Beherbergungsbetriebe bei der Weiterentwicklung des Unternehmens und der Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeitet begleitet werden sollen. Dagegen kann man zwar nicht ernsthaft etwas sagen, Frau König. Den Betreibern dieser Unterkünfte fehlt jedoch etwas ganz anderes, nämlich Unterstützung bei der Sanierung und Renovierung ihrer Einrichtungen.

Hervorragend geschulte Mitarbeiter helfen nicht, wenn aufgrund von maroden Unterkünften kein Gast mehr kommt, meine sehr geehrten Damen und Herren. In den bisherigen Programmen zur Förderung der touristischen Infrastruktur gelten Sanierungs- und Renovierungsmaßnahmen als nicht förderfähig, Frau König. Wenn Sie also etwas für das Beherbergungsgewerbe tun wollen, dann geben Sie ihnen die Möglichkeit an die Hand, ihre Unterkünfte für Gäste attraktiv zu gestalten. Dafür brauchen wir ein Förderprogramm, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ich zitiere an dieser Stelle den Tourismusverband Nordsee. Hören Sie bitte zu, Frau König! In seinem Schreiben an Herrn Thümler sagt er:

„Wenn das Gesamtbild durch einen Investitionsstau erheblich gestört ist, nützt auch kein Leuchtturm.“

Wo er Recht hat, hat er Recht, Frau König.

Das bringt mich auch schon zu meinem nächsten Punkt. In Ihrem Antrag ist die Rede von einer Unterstützung der Kooperation zwischen der Tourismuswirtschaft und der Gesundheitswirtschaft. Es darf allerdings stark bezweifelt werden, dass CDU und FDP in der Lage sind, Kooperationen zu unterstützen, wenn sie selbst auf dem Weg zu diesem Antrag nicht einmal die Kooperation gesucht haben.

Warum hat man sich z. B. nicht mit dem Tourismusverband Nordsee zusammengetan, um sich von Experten erklären zu lassen, in welchen Bereichen der Gesundheitstourismus gezielte Hilfe gebrauchen kann? Stattdessen haben sich CDU und FDP selbst zu Experten erklärt, und das Ergebnis sind anderthalb Seiten bedrucktes Papier und ein Gesundheitstourismus, der weiterhin stiefmütterlich behandelt und in seiner Entwicklung behindert wird, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Ein zentrales Thema des Gesundheitstourismus ist in dem vorliegenden Antrag überhaupt nicht berücksichtigt worden, nämlich die Barrierefreiheit. Gerade wenn man erreichen will, dass Nieder-sachsen zum Gesundheitsland wird, kann es nicht sein, dass man sich keine Gedanken darüber macht, ob die Angebote überhaupt von allen, die sie nutzen wollen, auch genutzt werden können.

Für diesen Punkt gilt das Gleiche wie für die Förderung von renovierungsbedürftigen Einrichtungen. Hier wird der zweite Schritt vor dem ersten gemacht. Kurorte und Reha-Kliniken sollen für zielgruppenorientierte Werbung sensibilisiert wer-den. Aber geben Sie ihnen doch erst einmal die Möglichkeit, ihre Angebote allen zugänglich zu machen, bevor Sie ihnen sagen, dass sie ihr Marketingkonzept umstellen müssen.

Der uneingeschränkte Zugang zu allen Angeboten und Einrichtungen ist einer der ausschlaggeben-den Faktoren des Gesundheitstourismus. Dass dieser Punkt in Ihrem Antrag mit keinem einzigen Wort erwähnt wird, zeigt noch einmal sehr deutlich, dass Ihnen ein wenig Hilfe von außen sehr gut getan hätte, meine sehr geehrten Damen und Herren.

An dieser Stelle lohnt sich auch einmal der Blick über Niedersachsen hinaus. In Mecklenburg-Vorpommern war die - wohlgemerkt: SPD-geführte - Landesregierung weitsichtiger als unsere. Um zu zeigen, was dort alles besser gemacht wird, fehlt an dieser Stelle die Zeit. Deshalb beschränke ich mich auf ein Beispiel: Dort erstellt man einen sogenannten Gesundheitsatlas. Erfasst werden hier z. B. Reha-Kliniken, Medical-Wellness-Hotels, Medizintechnik und Pharmaunternehmen. Dieser Atlas dient Kunden, Gästen, Patienten und potenziellen Wirtschaftspartnern als Wegweiser durch die Angebote und Produkte des Gesundheitstourismus.

Allein diese Idee zeigt, dass Gesundheitstourismus in Meck-Pomm als echte Chance begriffen wurde und dass man sich dort ernsthafte Gedanken dar-über gemacht hat, wie man dieser Branche effektiv helfen kann.

Wenn die Fraktionen von CDU und FDP weiterhin so uninteressiert an dieses Thema herangehen, wie es der Antrag nahelegt, dann verpasst unser Land endgültig den Anschluss, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Der Antrag, der uns heute vorliegt, hat sich seit der ersten Beratung überhaupt nicht verändert. Dabei gab es in dieser Zeit eine Fülle von Studien, Vor-schlägen und Ideen, wie man dem Gesundheits-tourismus in Niedersachsen zielführend unter die Arme greifen kann. Davon hat in Ihren Antrag lei-der nichts Eingang gefunden.

Dass die Regierungsparteien ein derart geringes Interesse an einer so zukunftsträchtigen Branche haben, ist schlichtweg ein Skandal.

Der Gesundheitstourismus basiert auf der Idee der Zusammenarbeit zwischen den Akteuren im Tourismus und denen der Gesundheitsbranche. Umso ärgerlicher ist es, dass den jeweiligen Verbänden die Teilhabe versagt wurde und sie nicht in die Entscheidungsfindung einbezogen wurden.

Wir als SPD-Fraktion werden uns weiterhin intensiv mit diesem Thema beschäftigen. Wir werden im Rahmen einer Anhörung die verantwortlichen Akteure im Gesundheitstourismus an einen Tisch holen und auf dieser Basis einen fundierten und sinnvoll abgestimmten Antrag einbringen.

Letzter Satz: Ihr Antrag, liebe Fraktionen von CDU und FDP, ignoriert die Potenziale eines aufstrebenden Marktes und gehört nicht in eine Plenarsitzung, sondern in den Papierkorb.