Unterrichtsversorgung am Campe Gymnasium in Holzminden – offener Brief -


Sehr geehrte Frau Ministerin Heister-Neumann,
sehr geehrter Herr Staatssekretär Dr. Althusmann,
sehr geehrter Herr Präsident Dempwolf,
sehr geehrter Herr Dziomba,


in den letzten Tagen erreichten mich immer mehr Briefe von besorgten und aufgebrachten Eltern, deren Kinder das Campe Gymnasium in Holzminden besuchen.
Dass die Unterrichtsversorgung – insbesondere in der Sek I - teilweise unter 75 % liegt, ist Ihnen hinlänglich bekannt. Der Öffentlichkeit wurden diese Zahlen erst durch das verantwortungsvolle Handeln von einigen Eltern zugänglich gemacht, woraufhin ich im Kreistag Holzminden in der Sitzung vom 22.02.2010 diese Problematik benannt habe.

Die Landesschulbehörde benennt für die defizitäre Situation eindeutig Lehrermangel als Hauptfaktor, teilweise durch längere Krankzeiten einzelner Lehrkräfte, Fortbildungen usw. Es sei sogar absehbar, dass sich dieser Zustand in Zukunft noch verschlimmern wird, da es in der Tat problematisch sei, Lehrkräfte für den Kreis Holzminden und das Campe-Gymnasium gewinnen zu können.

Ebenso ist Ihnen bekannt, dass die sogenannten Mangelfächer wie z.B. Mathematik und Latein absolut unterversorgt, die Nebenfächer Kunst, Geschichte, Erdkunde und dergleichen nur notdürftig, nämlich lediglich epochal unterrichtet werden können.

Die durch diese desaströsen Zustände ausgelösten Effekte für Schülerinnen und Schüler, das Lehrpersonal und die Eltern brauche ich Ihnen an dieser Stelle nicht aufzuzählen.

Es entsteht in der Bevölkerung zunehmend der naheliegende Eindruck, dass das Land Niedersachsen trotz der Kenntnis der derartigen mangelhaften Unterrichtsversorgung und den daraus resultierenden Folgen billigend in Kauf nimmt, dass Schülerinnen und Schüler am Campe Gymnasium wider Willen lediglich eine allgemeine Hochschulreife zweiter Klasse erwerben können.

Die Situation hat sich durch die Bildungspolitik der Landesregierung nicht entspannt:

Der Landkreis Holzminden ist mit weiterführenden Schulen schlecht ausgestattet. Es gibt im gesamten Landkreis nur ein einziges öffentliches allgemeinbildendes Gymnasium. Die Idee der Einrichtung einer Gesamtschule im Kreis Holzminden konnte aufgrund des sturen Festhaltens der Landesregierung an der Fünfzügigkeit bisher noch nicht umgesetzt werden.

Neuen Lehrkräften wird seitens des Landes Niedersachsen keinerlei Ansporn gegeben, im ländlichen Raum und somit auch in Holzminden unterrichten zu wollen.
Die theoretische Möglichkeit Lehrer nach Holzminden abzuordnen, um die Unterrichtsversorgung schnellstmöglich wieder sicherzustellen, scheidet aus zahlreichen, daraus entstehenden Folgeprobleme für die gesamte Bildungslandschaft aus.

Für das „Bildungsland Niedersachsen“ ist der derzeitige Zustand des Campe Gymnasium dennoch nicht tragbar und daher bitte ich Sie – auch im Namen der Eltern und Schüler des Campe Gymnasiums – dafür Sorge zu tragen, dass auch hier den Schülern die Möglichkeit geboten wird, ein erstklassiges Abitur zu machen.

Ich fordere Sie hiermit auf, noch in diesem Schuljahr dafür zu sorgen, dass eine deutliche Verbesserung der Unterrichtsversorgung am Campe Gymnasium in Holzminden erreicht wird. Zudem fordere ich Sie auf, ein intelligentes Anreizstrukturensystem zu entwickeln, das den ländlichen Raum langfristig wieder für Lehrkräfte attraktiv macht.

Nur so – und auch das ist Ihnen bekannt – wird der Grundstein dafür zu legen sein, dass die weitere Schwächung der Infrastruktur im ländlichen Raum aufgehalten wird.

Für ein Gespräch stehe ich Ihnen gerne persönlich zur Verfügung.


Hochachtungsvoll


Sabine Tippelt (MdL)